

23. Juni 2025
„Von der Beilage zum Welterklärer“
Thorsten Firlus im „Handelsblatt“ über Hanni Rützler, die in ihrem neuen „Food Context Pilot“-Report eine Welt zeichnet, in der Weizen politisch ist und Landwirte umsatteln müssen.
Düsseldorf. Von außen betrachtet wirkt der Knödel banal. Eine Beilage, ein Resteverwerter, ein Relikt aus der bäuerlichen Küche. Und doch ist er nicht nur universal – in Landesküchen ohne Knödel stehen Dumplings für das System Knödel –, sondern auch sehr elementar für die Art, wie wir uns ernähren.
Für Hanni Rützler sind Knödel und Teigtaschen deswegen Symbol für Wandel, Ausdruck gesellschaftlicher Strukturen, kulinarisches Bindeglied zwischen Regionalität und Globalisierung – und Ausgangspunkt ihrer jüngsten Studie, dem „Food Context Pilot“. Dort zieht sie die Analogie des Knödel als Sinnbild der Vernetzung der Ernährung. „Kaum ein Gericht ist so unscheinbar und zugleich so vernetzt, wandelbar und global präsent wie der Knödel“, sagt Rützler. Entsprechend bleibt es nicht beim symbolhaften Auftakt, die vier Kapitel reizen die Gemeinsamkeiten ihrer Untersuchungen und dem deftigen Gericht aus.
So steht er im Wandel der Jahrhunderte auch für die Entwicklung der Nahrungsmittelindustrie. „Der Pfanni-Knödel ist eine Erfindung des Deutschen Werner Eckart“, sagt Rützler über das Produkt, das von 1949 an in den Küchen die Idee von Fertigprodukten mit etablierte. „Der Knödel ist ein Fortschrittsnomade, der technische Entwicklungen übersteht“. Seine Beliebtheit mache ihn auch zum Innovationstreiber für zukünftige Ernährung, argumentiert die Zukunftsforscherin, denn er eigne sich für die Anfertigung mit alternativen Teigen ebenso wie mit den tradierten Methoden.
Seit mehr als einem Jahrzehnt analysiert Rützler, Trendforscherin ihres Wiener futurefoodstudios, gesellschaftliche Entwicklungen aus dem Blickwinkel der Ernährung und Kulinarik. Bei den in früheren Jahren beschriebenen Trends für Gastronomie und Produzenten will Rützler mit ihrem nach 12 Ausgaben umbenannten Report nicht bleiben.
Es ginge ihr um die Darstellung von Zusammenhängen und den Konsequenzen für alle Beteiligten aus Landwirtschaft, Nahrungsmittelindustrie und Handel. Ihre zentrale These lautet: Es braucht Verständnis für die Komplexität, um den Wandel zu gestalten. Der sei nötig, um auch in Zukunft Vielfalt und Versorgung sicherzustellen. Dafür bräuchte es Offenheit. „Denn nur wer Wandel zulässt, kann die Ernährung …..